Die große Überwindung – Ich hab die Zähne schön.

Zahnärzte und ich, das ist eine Story mit vielen Kapiteln. Im Laufe meines Lebens habe ich schon so einige kennen gelernt, mal mehr mal weniger gute. In meiner Kindheit gab es einen bei uns im Dorf, ich erinnere mich nur schwach, aber der war gruselig. Danach eine andere Ärztin, die immer zuviel roten Lippenstift trug und den auf den Zähnen hatte. Später den Zahnarzt meines Vaters, daran anschließend dessen jungen Kollegen der sich später selbständig machte und dem ich folgte, einen im Studium, einen im Rheinland. Eines war allen gemeinsam, ich ging nie gerne hin. Gut, wer geht schon gerne zum Zahnarzt, die wenigsten die ich kenne.

Nicht gerne hingehen trifft es bei mir aber nicht, ich sterbe tausend Tode wenn ich da hin muß und weiß da muß etwas gemacht werden. Mein Körper wirft die lustigsten Symptome raus, mein Puls rast, ich schwitze und ab und an breche ich vor Anspannung in Tränen aus. Irgendeinen der Zahnärzte begrüßte ich mal mit den Worten „Ich hasse Zahnärzte“, Gott sei Dank wurde ich trotzdem nett behandelt.  Immer kurz bevor irgendwas unwiderbringlich hinüber war raffte ich mich zusammen und ließ es behandeln. Mal mehr mal weniger Vertrauen in den Arzt habend, aber ich hab alles überlebt. Die letzte fiese Geschichte war eine entzündete Zahnwurzel mitten im Urlaub die mir eine dicke Backe brachte und anschließend den Verlust des Zahnes.

Seit wir hier zurück ins unserer Heimat sind habe ich natürlich auch einen Zahnarzt. Ich wähle die ja immer recht pragmatisch aus, ist nicht weit weg, kann man angucken, hat ne Website die brauchbar ist. Da die ersten Besuche dort ok waren ging ich auch immer wieder hin, meist mit kleinerem Kram. Seit irgendwann vor der Schwangerschaft mit der Babytochter war aber klar, da ist so einiges im Argen, was gemacht werden muß, nicht sofort aber absehbar. Das klang aber so umfangreich und beängstigend, daß ich froh war, es wegen der Schwangerschaft und dann Minibaby vor mir herschieben zu können.

Diesen Spätsommer im Anfall von Größenwahn  während ich mal wieder mit einem Kinder wegen irgendwas dort war, und in dem Bewußtsein, wenn ich das jetzt nicht angehe wird es wirklich schlimm machte ich den ersten Termin für die Sanierung. Nur nicht zu weit im Voraus, daß ich den wieder absagen konnte. Mit ein wenig Gejammer auf twitter und recht feuchten Händen, Puls wie ne Dampflock und kleinlaut trabte ich dann brav dorthin. Die Helferin wußte schon Bescheid, daß ich, wie sie sagte „ein wenig nervös“ bin (haha, leicht untertrieben) und manövrierte mich in den Stuhl. Dann drei Stunden Abdrücke, Vorbereitungen, Abschleifen der Zähne und son Krempel, ich glaube auf Zahnarztdeutsch heißt das Prep. Türlich weiß mein Doc auch, daß ich nicht wirklich entspannt bin bei der Behandlung und hatte dementsprechend Zeit eingeplant und arbeitete zügig und ruhig, immer im Auge ob ich mal Pause brauche und plauderte mich ein wenig aus der Angst raus. Die Helferin war super fürsorglich, tätschelte mir ab und an den Arm und ich überlebte es tatsächlich. Sprang nicht panisch auf, brüllte niemanden an oder biß in irgendwelche Finger. Nach fünf geschliffenen Zähnen hatte ich kein Bock mehr, war aber merklich ruhiger und nahm den sechsten Abschliff, der kein richtiger, da alte Krone, auch noch mit. Wissend, daß das schlimmste hinter mir lag verließ ich nach der Zeit die Praxis und wartete etwas stolz auf das Abklingen der Betäubung.

Es folgte das Einsetzen der sechs Kronen, was sich auf zwei Termine verteilte und dann sollten noch mal 1,5 Zähne gemacht werden. Obwohl ich wußte, daß das nicht mehr so arg werden kann, war mir am Morgen des Termins blümeranter als vorm ersten Abschleifen. Naja auch das ging in guter Teamwork von Praxisteam und mir vorbei. Inzwischen sind auch diese Zähne fertig, sprich die Kronen eingesetzt und ich bin durch. FERTIG.

Ich schreib das deswegen so detailliert auf, weil es mir verdammt schwer gefallen ist das machen zu lassen, weil jede Faser in meinem Körper sich sträubte und ich am liebsten vor der Praxistür sofort umgedreht wäre. Weil ich im Stuhl einige Male mit aufkommender Panik zu kämpfen hatte und das trotzdem gemacht habe. Weil ich das mit mir ausgefochten und durchgestanden habe. Weil ich mich überwunden habe und der blöden Zahnarztangst sowas wie den Finger gezeigt habe. Nicht, daß ich da jetzt gerne hingehe, aber es ist jetzt ein bischen einfacher, auch wenn ich mich bestimmt nie gerne und freudig in den Stuhl begeben werde. Ich schreibe das auch deswegen auf, weil ich dem Praxisteam dankbar bin, daß sie meine Angst ernst aber nicht zu ernst genommen haben. Daß sie mich da durch gebracht haben und ich jetzt wieder breit grinsen kann. Zumindest meint das der Doc, ich grinse aber nicht gerne breit und außerdem, Hauptsache heile, sind doch nur Zähne 😉 Ich schreib das auch auf um Mut zu machen, denen die auch so Angst haben, daß es besser wird, daß die richtige Praxis Gold wert ist und daß es immer noch angenehmer ist das durchzustehen als irgendwann schwarze Zähne zu haben.

Letzendlich wollte ich aber nur sagen, ich bin verdammt stolz auf mich und hab die Zähne wieder schön.

6 Antworten zu “Die große Überwindung – Ich hab die Zähne schön.

  1. das ist übrigens der aktuelle Zahnarzt: http://www.zahnaerzte-muehlenkamp.de/ – kann ich nur empfehlen! 🙂

  2. Herzlichen Glückwunsch. Aber damit hast du mir jetzt gerade die letzte mir noch verfügbare Ausrede genommen. Muss ich mich wohl doch auch einmal überwinden. Oder hast du in deinem Fundus noch Ausreden, die du mir borgen könntest, jetzt, wo du sie nicht mehr brauchst?

  3. Uff.
    Auf lange Schadensfreiheit! 😉

    • Danke Dir! Ich darf ja eh alle 3 Monate zur Prophylaxe antanzen, da sollte jetzt nicht mehr viel kaputt gehen. Waren jetzt halt alte Kronen, kaputte Füllungen und so Kram. Davon gibt es jetzt nix mehr und darum bin ich optimistisch.

  4. Sybille gratuliere zum neuen Schmuckkasten. Da hat sich in unserem Gehirn so ein Lümmel breit gemacht, der allein beim geschriebenen Wort Zahnarzt jede Vernunft aussetzen lässt und uns einen Abhang hinunterstürzen sieht. Den Kampf gewinnen geht wohl nur mit einem Vorwärtsgang. So bin ich auch vorgegangen, schlauer geworden keinesfalls. Da ich einen Kreis ziehen kann bis ins außereuropäische Ausland und keinen finde, der Bock auf Zahnarztbesuche hat, ist es uns wohl so vorbestimmt, weiterhin den Klops in der Magengrube zu tragen.
    Bleib bissig + lg C.P.

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