Frei nach dem familiären Motto „Wir müssen mehr Weltreisen machen“ ™ reisten der Mann und ich kürzlich mit dem Baby nach London. So vier Tage, nur Einkindeltern, hätte ich damals gewußt wie entspannt das sein kann, nur ein Kind und das in der Karre. Egal.
Also wir waren also unterwegs, im Ausland. Das mit dem Ausland ist wichtig, denn in fremden Ländern mutiert der shoppingmuffelige Mann zum Shoppingfan. Wir lieben es beide unbekannte kleine und große Läden zu entdecken. Rumzustöbern was es woanders gibt. Besonders gerne besuchen wir Supermärkte und Buchläden.
So verwundert es kaum, daß wir in London einen der vier Tage dazu nutzen ewig in einem Buchladen rumzulungern. Von der Belletristik zu den Kinderbüchern, bischen bei den Sachbüchern verweilt, ab in die Kochbuchabteilung und ich genehmigte mir noch die Handarbeitsbücher. Der Mann entdeckte dann dieses Buch, welches er mir freudestrahlend unter die Nase hielt.
Ich dachte zunächst es handelt sich um Pie-Teige, entdeckte aber recht schnell, daß es um Brot und Brötchen geht. Der Autor sagte mir zunächst nichts, scheint aber in Großbritannien recht bekannt zu sein.
Nachdem wir, wieder daheim, unser anderes Mitbringsel, eine ordentliche Magen/Darmgrippe hinter uns gelassen hatten wollte ich eins der aufwändig klingenden Rezepte gerne ausprobieren.
Es beginnt damit, daß man aus Hefe, Weizenmehl, Wasser und Salz eine Art Vorteig (white fermented dough) herstellt, der möglichst über Nacht im Kühlschrank bleibt. Am nächsten Tag wird aus diem Teig und mehreren Mehlsorten, mehr Hefe, Salz und Wasser der endgültige Teig zusammengerührt, der nach bestimmten Methoden mehrfach geknetet und gefaltet wird um ihn dann mal im Ganzen und dann geteilt in Brotgehkörbchen aufgehen läßt. Ich hab zwar weder solche Körbchen, noch die erwünschten Backtücher, aber mit den Osterkörbchen der Kinder und den Aussteuerhandtüchern aus Leinen meiner Patentante klappte das auch ganz gut.
Dann bestand die Kunst darin, die aufgegangenen Brotlaibe mithilfe eines Holzbrettes vorsichtig auf das schon im Backofen befindliche Blech zu transferieren. Okay vorher sollte man noch ein nettes Muster reinschneiden, aber das klappte eher nicht so hübsch.
Transferiert bekommen habe ich sie aber und sie behielten auch halbwegs die Form. Lange Zeit änderte sich nichts am Farbton und ich wurde schon recht nervös. Oben auf dem Bild kann man sehen, wie die Farbe in dem Rezept vorgesehen ist. Da aber geschrieben stand, man solle so lange backen bis sie einen dunklen Goldton angenommen haben, kamen sie dann eben raus.
Nach dem ich sie etwas auskühlen lies, mußte ich natürlich sofort anschneiden um rauszufinden ob mein Experiment gelungen war. Ich hatte bis dato kaum Brotbackerfahrung und die wenigen Versuche, schon vor Jahren oder mit einer Backmischung waren eher enttäuschend gewesen. Wie man sieht, optisch machte das Ganze etwas her, ich war beeindruckt, daß die Krume so richtig nach echtem Brot aussah.
Da der Gatte inzwischen heimgekehrt war, bestrich ich eine Scheibe mit Butter und etwas Salz und im Nullkommanix hatte die Familie, vom Baby bis zum Mann, vor dem Abendbrot einen halben Laib verputzt.
Mir schmeckte es auch ganz gut, es hätte etwas salziger/würziger sein können, aber für mein erstes ernsthaftes Brotbacken nach der langen Zeit, ganz ohne Automat und Fertigmischung war ich zufrieden. Eventuell war das verwendete Salz zu wenig salzig.
Da von dem Vorteig noch einiges übrig war und maximal 48 Stunden aufbewahrt werden konnte, hab ich mich am übernächsten Tag an das Rezept für Bagels gewagt. Es war etwas weniger aufwändig umzusetzen, nur daß der fertig geformte Teig vor dem Backen noch in kochendem Wasser schwimmen mußte. Da der Teig nicht so aufging wie er das bei dem Brotrezept tat, war ich lange skeptisch ob der Vorteig noch gut gewesen war und ob ich alles richtig gemacht hatte. Nach dem Backen und der ersten Verkostung waren hier jedoch wiederum alle begeistert von dem Endprodukt.
Man hätte sie optisch wohl etwas perfekter hinbekommen können, geschmacklich gab es aber wirklich nichts auszusetzen. Genau das richtige Maß an Fluffigkeit und Zähigkeit, was Bagel ausmacht.
Mein Fazit zu dem Buch? Es ist kein Rezept darin, was man mal eben nebenbei backen kann, aber das sind die Ergebnisse allemal wert. Immerhin ist alles andere um uns herum schon so schnellebig, daß man sich für gutes Brot ruhig ein wenig Zeit nehmen kann/sollte. Die Erklärungen und Anweisungen sind schlüssig und gut zu befolgen, soweit man Englischkenntnisse hat. Außer den eigentlichen Rezepten gibt es den vorgestellten allgemeinen Teil, der Zutaten und Werkzeuge erklärt, aber auch einzelne später gebrauchte Arbeitsschritte rezeptübergreifend mit vielen Bildern darstellt. Zusätzlich liegt dem Buch noch eine DVD bei, auf der sich wohl auch Erklärungen in Bild und Ton befinden, ich habe sie bisher noch nicht angeschaut.
Unter dem Strich, der London Ausflug war schön, das Buch lohnt sich und ich werde bestimmt nochmal Brot backen. Am liebsten würde ich als nächstes den selbst gemachten Sauerteig samt zugehöriger Rezepte probieren.