Archiv der Kategorie: Nachgedacht

Studentenleben 2.0 – Berkeley Teil 7

Man sollte meinen bei so einem Aufenthalt an einer der Top-Unis in den USA fällt einem jeden Tag etwas ein, über das man schreiben möchte. Und ja, es gibt vieles was einem tagtäglich so durch den Kopf geht, aber es sind mehr die kleinen Dinge. Das verwurstet man dann auf Instagram oder schreibt irgendwo in den anderen Sozialen Medien ein bis zwei Sätze. Es baut sich ein innerlicher Druck auf, dass man doch jetzt großartiges zu berichten hätte, denn hey, man ist in Berkeley, hey man ist in Kalifornien, hey alles toll. Nö. Alltag ist eigentlich relativ unspektakulär. Wobei unspekatakulär auch nicht so der richtige Ausdruck ist. Ich weiss nicht, ob ich schon einmal berichtet habe wie das hier aufgeteilt ist. Ich bin 13 Wochen vor Ort und diese 13 Wochen sind in vier Quarter unterteilt. In jedem Quarter belegt man Kurse. Jeder Kurs gibt bei bestehen ein bis drei credits. Das Ziel ist es in diesem Sommer 16 credits zu erlangen, maximal darf man 17 credits erlangen. Damit ist auch klar, dass der Spielraum einen Kurs nicht zu bestehen sehr sehr knapp ist. Es ist auch klar, dass es alle 2,5 Wochen ca. ein bis drei Prüfungen zu absolvieren gibt. Im Grunde findet hier eine Druckbetankung statt. Die drei credit Kurse laufen meist das komplette Quarter die anderen kürzer und manche finden in einer komprimierten Form am Wochenende statt. Jeder Lehrkörper möchte einem in der zur verfügung stehenden Zeit möglichst viel des Wissen vermitteln. Die Reduzierung des Stoffes der sonst in einem Semester gelehrt wird gelingt den meisten nicht unbedingt. Es ist im Gegensatz zur deutschen Uni hier üblich, dass man einen Großteil des Materials lesend eigenständig erlernt und in den Vorlesung anwendet oder wiederholt, gepaart mit Erklärungen des Dozenten. Das wiederum bedeutet, dass man zwischen zwei und vier Stunden Vorlesung hat und noch mal ein bis drei Stunden Lesezeit pro Tag hinzu rechnen kann. Hat man also zwei Vorlesungen am Tag, ist man mehr als gut ausgelastet, am Ball zu bleiben. Und gegen Ende des Quarters bereitet man sich halt auf ein bis drei Prüfungen vor. Das Gute ist, dass nicht alle in der Uni geschrieben werden, sondern man auch entweder ein Paper abgibt oder aber ein take-home Exam hat, bei dem man die Prüfung alleine am Computer schreibt. Hinzu kommt, dass viele der Prüfungen open-book sind, das heisst man darf die zur Verfügung gestellten Lehrmaterialien benutzen. Das hilft aber auch nur bedingt, denn in dem Zeitfenster von drei bis sechs Stunden für eine Prüfung kann man nicht lange suchen, wenn man nicht weiss worum es geht. Vielleicht gibt das einen kleinen Einblick wie die Arbeitsbelastung hier so aussieht und dass das eher keinen Urlaub darstellt bei dem man nebenbei eine Prüfung besteht. Aber bisher habe ich alle Prüfungen bestanden und will mal nicht meckern.

Meine langen Auführungen zum akademischen Teil sollen ausdrücken, dass man in der Regel nicht wirklich viel Zeit für Freizeitaktivitäten hat, zumindest nicht, wenn man alles bestehen will und das auch noch passabel. Trotzdem findet einiges statt, gerade die Kollegen des professional tracks nutzen den Sommer auch zum Feiern. Es macht auch Sinn zum einen weil es massiv Netzwerken bedeutet und zum anderen weil man einfach auch mal Druck abbauen muss. Ich habe nicht die Energie so oft weg zu gehen. Ich finde die Anpassung an das fremde Land, an das erneute Lernen, die Umstände oft ermüdend und mag auch nicht morgens um 9:00 unausgeschlafen in der Vorlesung sitzen.

Als ich letztens, als ich den Freitag und Samstag in der Uni verbringen musste draussen in der Sonne stand bekam ich jedoch massive flashbacks zur ersten Uni-Zeit. Es war sonng, es war warm, es war irgendwie friedlich und ich hörte aus den Verbindungshäusern gegenüber Musik. Das erinnerte mich so stark an die Sommer in Göttingen als ich im Studentenwohnheim wohnte und die Sommer dort verbrachte. Die Zeit in der man tagsüber an der Hausarbeit schrieb um abends ordentlich feiern zu gehen, die Nächte heiss und kurz waren und man Teil einer Gemeinschaft war und so unglaublich frei.

Freiheit, Ungebundenheit, und auch Sorglosigkeit das ist das was das jetzige Studium (abgesehen von der „Kürze“) von damals massiv unterscheidet. Man ist nicht mehr ungebunden, man ist für mehr Verantwortlich als für sein eigenes Wohlbefinden, die Selbstoptimierung die man in den 20ern betrieb ist in den Hintergrund gerückt. Man ist jetzt Arbeiternehmer, Partner, Eltern. Man sorgt für andere, trägt Verantwortung, ist eingebunden in ein System. Die Egozentrik der früheren Jahre ist der Rücksichtnahme etc. des Ertwachsenenlebens gewichen. Wenn man zu lange feiert, wenn man verantwortlungslos handelt, wenn man das Lernen vernachlässigt, dann hat das heute gravierendere Folgen als damals. Ich sehe natürlich auch Kollegen die da nicht so drin gefangen sind wie ich, aber das mag dann auch daran liegen, dass sie zehn bis fünfzehn Jahre jünger sind und noch nicht so eingebunden sind wie ich. Selbst wenn ich hier eine Freiheit geniesse, wie ich sie lange nicht hatte, bedeutet das nicht, dass man sie so konsequenzenlos ausleben kann oder will wie früher.

Um aber nochmal auf die Arbeitsbelastung zurück zu kommen. Auch wenn es viel ist, erlebe ich hier durch die Uni und die für uns Verantwortlichen einen viel größeren Rückhalt als ich ihn damals in der Uni in Göttingen erlebte. Dort hatten wir zwar das Studentenwerk, dass ich um das Wohlbefinden kümmerte, aber das akademische wurde einem selbst überlassen. Das ist hier anders, es liegt der Uni sehr viel daran, dass alle das Programm möglichst bestehen und das bedeutet nicht, dass man die Ergebnisse nicht hart erarbeiten muss. Aber wenn man schwimmt, wenn man droht zu scheitern, wenn einen der Alltag überfordert gibt es viele Sicherheitsnetze. Und diese sind nicht nur theoretisch der staff der für uns zuständig ist, ist gut erreichbar und engagiert in allem Umständen hilfreich zu sein. Das gilt im Übrigen auch für die Professoren, die hier viel mehr hands-on sind als ich das in Deutschland erlebt habe. Sie stehen regelmäßig für Sprechstunden bereit, sie diskutieren und beantworten Fragen gerne in den Pausen, sie versuchen einen angesichts der Prüfungen gut vorzubereiten und auch nach den Kursen in den Gängen der Uni erkennen sie einen oft und grüßen oder fangen ein Gespräch an. Das ist wirklich eine sehr positive Erfahrung. Ich bin ja eh der Ansicht, dass durch persönlicheren Umgang das Lernergebnis positiv beeinflusst wird. Und bevor ich ich mich hier in den Längen des Artikels verliere und mein Lernpensum für heute weiter vor mir herschiebe schliesse ich ab mit den Worten: Es ist anders aber es ist auch schön hier.

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Alleine sein – Berkeley Teil 6

Ich war seit bestimmt 18 Jahren nicht mehr so alleine. Das muss man sich mal durch den Kopf gehen lassen, seit achtzehn Jahren. Und auch vorher waren immer irgendwie Leute um mich rum, Kernfamilie, Wohnheimfamilie. Aber seit ich vor ziemlich genau 18 Jahren die Wohnung mit dem Mann, damals Freund, bezog war ich nicht mehr ohne Ansprechpartner, Freunde, Familie in der Nähe. Nichteinmal weil ich es nicht wollte, sondern weil es einfach so war. Und das ist eine Umstellung. Ich wohne hier nicht alleine, ich bin zur Untermiete. Ich studiere nicht als Einzelperson, ich habe Mitstudenten, die ich mal mehr mal weniger sehe. Und all dies findet weder auf einer einsamen Insel statt noch hat meine Familie oder mein Freundeskreis den Kontakt abgebrochen. Letzterer hat im Gegenteil ein Gesprür dafür entwickelt wenn ich anfange in Grübeleien zur verfallen, wundersamerweise ruft dann einer an oder schreibt was.

Aber es ist keine Vertrauensperson da, man kann nicht mal eben jemanden besuchen, man kann nicht mal einfach so anrufen, denn durch die extreme Zeitverschiebung ist es schwierig. Also bleibt man auf sich geworfen. Und das ist hart. Es gibt nämlich keine oder nur bedingt Ablenkung von den ganzen Gedanken die aus dem Inneren nach oben spülen. Man kann dann entweder darin versinken oder ein bischen versinken, man kann darin verharren oder aber man kann sich damit auseinandersetzen bis zu dem Punkt wo es unangenehm wird. Jedoch die einzige Person die in solchen Momenten einem den Kopf gerade rückt, rücken kann ist man selber. Leider fehlt da manchmal ein bischen die Objektivität von aussen, aber es ist auch ein guter Anspron über sich selber hinaus zu wachsen und die Verantwortung ganz alleine zu tragen, für das eigene Wohlbefinden. Ohne Ablenkung über neue Wege und Handlungsformen nachzudenken. Trotzdem ist es nicht immer angenehm und manchmal erschreckend. Aber wie ein lieber Mensch mir vor Abflug sagte, selbst wenn es Dich beruflich nicht weiterbringt, Du wirst wachsen. Ok, manchmal fühl ich mich hier noch recht klein, aber manche Dinge brauchen ihre Zeit.

Alleine sei, ohne dauernd auf eine andere Person zu reagieren, heißt aber auch, sich selber plötzlich wieder ganz anders wahrnehmen, als Mensch als Frau, als Lernende. Das hat durchaus interessante Aspekte.

Andererseits ist man sonst so von den Bedürfnissen anderer getrieben, dass man verlernt hat was einem selber in dem Moment gut tut, was man braucht, wofür man sorgen muss.

Ein wesentlich weniger emotionaler eher pragmatischer Aspekt ist, dass ich seit Teenagerjahren gewohnt bin mich mehr oder weniger alleine um meine Angelegenheiten zu kümmern, aber hier bekommt das nochmal ein ganz anderes Format. Auch wenn ich daheim oft für Einkaufen und Mahlzeiten (und Wäche und was weiss ich) zuständig, ich bin es halt nicht immer und das merke ich um so mehr jetzt. Es gibt keinen Grundstock an Nahrungsmitteln aus dem ich mal grad was bereite, wenn ich Essen will, muss ich mich darum kümmern und im Voraus mehr als sonst planen. Für die Familie kann ich das ganz gut, für mich alleine, eher noch nicht. Also esse ich eher unregelmäßig und ungesünder als zu Hause. Aber auch hier arbeite ich dran.

Letztendlich ist es seltsam nicht mehr für fünf weitere Nasen verantwortlich zu sein. Da reinzufinden fällt mir eher schwer. Das geht so weit, dass der Mann letzens sagte, nachdem ich auf dies und das hinwies, nachfragte etc., ich solle mal loslassen, sie hätten das alles schon im Griff. Aber ich hatte schon diverse Nachfragen wo denn dies oder das liegen würde bzw. was jetzt zu tun wäre. Aus gelebten Rollen auszubrechen geht nicht von heute auf morgen. Ich vermisse hingegen die Dauergeräuschkulisse und das dauernd in Beschlag genommen werden nicht.

Was mir fehlt ist der tatsächlich Kontakt zu meiner Familie, so oft sie auch anrufen, ich kann sie nicht anfassen. Ich kann sie nicht riechen, nicht umarmen, durch die Haare wuseln. Anfunkeln, anmotzen oder um Hilfe bitten. Küssen.

Dafür kann ich mit Kopfhörern durch mein Zimmer tanzen ohne, dass ein Teenagergör meint ich sehe komisch aus oder ein Kleinkind meint ich müsse sofort mit ihm oder mit ihm auf dem Arm tanzen. Ich kann mich mit Leuten treffen ohne Rechenschaft abzulegen wann und wie ich zurück komme. Wenn ich shoppen gehe will niemand plötzlich essen oder aufs Klo. Wenn ich Lernen will, stört keiner mit Alltagsfragen die Konzentration. Wenn ich beschliesse ich esse nur Junkfood habe ich kein schlechtes Gewissen wegen gesunder Kinderernährung, denn die essen ja nicht mit. (Wobei ich nicht weiss ob ihre Ernährung momentan gesünder ist ;))

Unter dem Strich, ich bin alleine, manchmal einsam, manchmal nicht und langsam lerne ich die temporäre Unabhängigkeit zu geniessen. Aber eins weiss ich und das ist nicht neu, ich bin auf Dauer kein Einsiedlerkrebs.

 

Mental load – oder was machen die eigentlich den ganzen Tag?

Bevor wieder irgendein gekränktes männliches Wesen (oder auch eine anders meinende Frau) meint, dieser Artikel sei sexistisch oder sie seien sowieso ganz anders sei vorweg gestellt, dass der Text keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt und Ausnahmen immer die Regel bestimmen. Disclaimer Ende.

Als ich noch nicht wieder arbeiten war, hatte ich des öfteren müßige Diskussionen mit dem Mann darüber, was ich eigentlich den ganzen Tag mache und wieso ich erschöpft sei, wenn die Kinder doch bis zum frühen Nachmittag in der Betreuung seien und überhaupt. Außerdem würde er sie doch morgens fertig machen, weg  und abends oft ins Bett bringen. Und das obwohl er doch arbeiten gehe.

Immer wieder versuchte ich zu erklären, dass die Zeit der Abwesenheit der Kinder keine reine Freizeit sei (und ich bis zu seiner Heimkehr ca. 5 Std alleine mit müden/nörgeligen/fordernden kids verbrachte), dass da, auch wenn wir nicht den tiptop Haushalt haben einiges passieren würde und die Abwesenheit der Kinder bei Brutto 6 Std nicht 6 Std netto Freizeit für mich bedeuten. Viele der Arbeiten die anfielen und -fallen sind Dinge die man nicht sieht. Es sind nicht eine geputzte Küche, saubere Klos, aufgeräumte Böden, gewaschene und verräumte Wäsche etc. , die Sachen sieht man nach einem Nachmittag mit 2-4 Kindern der Wohnung eh nicht mehr an, es sind die Dinge die im Kopf laufen.

Diese aber zu erklären und zu verdeutlichen fiel mir und fällt mir immer schwer, denn man sieht sie nicht.

  • zu bezahlende Rechnungen
  • Kinderarzttermine
  • Sport/Musikunterricht
  • wer wann zu welchem Kindergeburtstag eingeladen ist und welches Geschenk woher braucht
  • die Organisation der eigenen Kindergeburtstage
  • den Überblick über die Finanzen, die Einkäufe, den Klamottenbestand der Kinder, den Schulbedarf, wann die Steuer in welcher Höhe zu zahlen ist.
  • welche Rücklagen gebildet werden müssen
  • Urlaubsplanung
  • Arzttermine für den Hund, Impfungen, Entwurmung etc.
  • Einladungen die wir erhalten und für die evtl. Geschenke besorgt werden müssen
  • etc. etc.

All dieser kleinteilige müßige Alltagsscheiss der weder Anerkennung noch Geld nach Hause bringt. Der die Familie am Laufen hält, aber an der Oberfläche nicht sichtbar ist. Der den Kopf  dauerhaft am rotieren hält, da man nicht abschalten kann, denn wenn ein Ball fällt, fallen viele.

Ich schreibe das nicht auf, um zu jammern, sondern weil ich so erleichtert war, als ich am Wochende diesen Artikel las und merkte, ich bilde mir das nicht ein, es geht nicht nur mir so.

More of the Mental Work

Walzer found that women do more of the intellectual, mental, and emotional work of childcare and household maintenance. They do more of the learning and information processing (like researching pediatricians).

They do more worrying (like wondering if their child is hitting his developmental milestones). And they do more organizing and delegating (like deciding when the mattress needs to be flipped or what to cook for dinner).

Even when their male partners “helped out” by doing their fair share of chores and errands, it was the women who noticed what needed to be done. (…)
„Husbands may do more housework and childcare than before, but women still delegate“ (…)
No wonder wives have the reputations of being nags (…)
Like much of the feminized work done more often by women than men, thinking, worrying, paying attention, and delegating is work that is largely invisible, gets almost no recognition, and involves no pay or benefits.
Und das ist es was mir wirklich aufstößt, das was mich wütend macht. Nicht nur, dass es nicht gesehen wird, es führt auch dazu, dass wenn man ausspricht was getan werden muss als die nörgelnde, immer mehr fordernde Frau da steht, die den armen Mann, der schon auf dem Arbeitsmarkt seine Haut zu Markte trägt und sich mit dies und das in den Familienalltag einbringt gar nicht mehr zur Ruhe kommen lässt. Während der Kopf in Dauerrotation ist um alle Bälle in der Luft zu halten. Selbst wenn man selber arbeiten geht, bleibt dieser Teil in großen Teilen an den Frauen hängen.
Nein, es geht hier nicht nur um mich und meine Rolle, auch, aber nicht nur und nicht in der Schärfe wie das eventuell anmuten mag. Ich habe im Laufe der vier Kinder genug Frauen, Mütter, Partner kennen gelernt um zu wissen, dass dies immer wieder vorkommt.
Also bevor nochmal jemand meint, die schiebt ja eine ruhige Kugel, die sitzt ja nur mit dem Kind (singular oder plural) zu Hause und hat den Vormittag frei, sollte man mal darüber nachdenken was alles hinter den Kulissen unsichtbar passiert.
Als ich den verlinkten Artikel auf Facebook postete bekam ich einen noch markanteren Artikel zu dem Thema verlinkt, der das ganze noch besser und plastischer (da als Comic) auf den Punkt bringt und unbedingt lesenswert ist.
Zum Ende hin, wird es mir dort zwar einen Tuck zu dogmatisch aber der Kern der Aussagen vorher und die Bilder passen wie Faust aufs Auge.
Es muss noch viel passieren, bis eine Partnerschaft ob mit oder ohne Kinder wirklich gleichberechtigt ist.

Gilmore Girls – the revival and me

Ich hab alle vier Folgen fertig, zweimal, komplett, außer dem Musical, das habe ich jedes Mal überspielt und die Szene der LADB sah ich dreimal.

Ich bin emotional immer noch verwirrt. Wenn nicht sogar angefressen.Ich hab inzwischen viele Reviews gelesen und noch mehr Kommentare von Fans. Geholfen hat es nicht.

Schon am Ende der ersten Folge fühlte ich mich komisch, irgendwas war aus der Balance. Ich kam nicht in das Stars Hollow Gefühl. Im Gegensatz zu vielen Kommentaren war es für mich nicht wie nach Hause kommen. Auch wenn ich es kenne nach längerer Abwesenheit wieder in die eigene Wohnung zu kommen, alles ist ein bischen fremd, anders, war es nicht das. Es waren die Bilder der bekannten kleinen heilen Welt und irgendwie doch nicht. Ich schob es erstmal darauf, dass das Anschauen von diversen nicht schlafen wollenden Kindern mehrfach unterbrochen wurde. Doch es wurde weder beim zweiten Durchgang noch bei den folgenden Folgen besser. Eher schlimmer.

Irgendwann dachte ich, ihr habt es kaputt gemacht, ihr habt es einfach kaputt gemacht. Natürlich spielte die Abwesenheit von Richard (Ed Hermann) eine große Rolle, seine „Nichtpräsenz“ war plastisch, Raum einnehmend. Gleichzeitig das Gefühl, dass durch seinem Verlust eine ausgleichende, beruhigende Kraft fehlte.

Und dann die drei Gilmore Girls.

Emily erschüttert durch den Verlust des Ehemannes, nachvollziehbar. Toll und überzeugend dargestellt. Trotzdem hatte selbst die Weiterentwicklung in die selbständige, alleine lebende, selbstbestimmte Witwe etwas zerstörerisches. Alle Brücken abbrechen, den ewigen Konflikt mit Lorelei aufrecht halten, mit der DAR brechen, das Haus verkaufen, wegziehen. Kein Zurück, alles auf Anfang. Damit fällt ein Fixpunkt der Serie weg, es wird keine Freitagsdinner mehr geben.

Apropos Zerstörung, wieso streiten sich Emily und Lorelei erbitterter als in den alten Folgen. Ich hatte den Eindruck, sie waren mit ihrer Beziehung in den alten Folgen schon weiter gekommen was Annäherung und Vergebung angeht. In den neuen Folgen scheinen die Auseinandersetzungen härter, tiefer unter die Haut zu gehen. Sicherlich notwendig, damit sie die Therapie erklärt, aber selbst die verkommt zur Farce und auch die hochgelobte Szene in der Lorelei der Mutter am Telefon an den Vater erzählt hat nicht den heilenden, versöhnlichen Effekt wie andere ältere Szenen der Serie.

Lorelei. Ja Lorelei, wie von den Fans gewünscht ist sie immer noch mit Luke zusammen, glücklich wie sie sagt. Es scheint sich jedoch eine gewisse Routine in die Beziehung eingeschlichen zu haben, eine Routine die irgendwann dazu führt, dass wichtige Dinge nicht mehr angesprochen werden. Was natürlich auch dran liegen mag, dass Beide miteinander ein Kommunikationsproblem haben. Weniger dramatisch (im Gegensatz zu den Fans und Emily,) finde ich hingegen, dass die beiden nicht verheiratet sind. Ein Trauschein kann doch nicht der endgültige Beweis für Verbindlichkeit sein. Wobei suggeriert wird, dass sich daran die mangelnde Verbindlichkeit von Lorelei festmacht. Nun gut. Auch Lorelei wirkt im Revival angeschlagen, das Dragon Fly existiert so vor sich hin, hat seinen Höhepunkt hinter sich und benötigt um eine Zukunft zu haben eine Erweiterung. Der Streit mit der Mutter eskaliert und die mangelnde oder falsche Kommunikation mit Luke, sowie ein Streit mit Rory führen dazu, dass für sie die Situation eskaliert und sie sich eine (wenn auch kurze Auszeit) nimmt. Irgendwie ungewohnt und anders als in den alten Staffeln, wo die Probleme angegangen wurden, sie mit ihrer Energie, Zielstrebigkeit und ihrem Optimismus es immer schaffte die Situation im Positiven zu lösen. Sicherlich führt die Auszeit dazu, dass sie einen Schritt auf die Mutter zu geht, sich mit Rory wieder versöhnt und endlich bereit ist Luke zu heiraten. Trotzdem bleibt das, was Lorelei in den alten Folgen ausmachte in den neuen Folgen etwas auf der Strecke oder wirkt gedämpft, müde. Sicherlich ist sie keine Frau mehr in den Dreißigern, trotzdem sollte die alte „quirky“ Persönlichkeit doch noch mehr zu spüren sein.

Und dann Rory. Rory, die trotz guten Abschlüssen und einem guten Anfangsjob Ende der letzten Staffel die Welt vor sich zu haben schien, jetzt mächtig am Schwimmen ist. Eine regelrechte Quarterlifecrisis, auch wenn eine solche vielleicht nicht mit Anfang Dreißig erwartet wird. Andererseits finde ich es nicht unüblich und ungewöhnlich in der heutigen Zeit in diesem Alter nach einem erfolgreichen Job und erfolgreicher Free Lance Arbeit plötzlich da steht und nicht weiter wie?, wenn das bisher gelebte einem nicht mehr einfach in den Schoss fällt. Unangenehm fand ich jedoch, dass das was Rory in den alten Folgen ausmachte, ihr ruhiger Charme, ihre Intelligenz, ihre wache Ausstrahlung und vorallem ihr Ehrgeiz komplett verschüttet zu schein liegen. Sie wirkt ein wenig wie eine blasse Karikatur ihrer selbst. Die Geschichte mit Paul, geschenkt, ein Witz den ich nicht verstehen will und muss auch wenn es nicht zu der Rory der alten Folgen passt so gedankenlos über eine so lange Zeit mit einer Beziehung umzugehen. Die Geschichte mit Logan? Tragisch. Ich habe es so verstanden, dass sie hauptsächlich die Regeln („no strings attached“ „What happens in Vegas …“) festlegt, ja geradezu darauf beharrt. Dass Logan verlobt ist erfährt sie erst später. Dass eine laufende Verbindung dann nicht gleich gelöst wird, kommt vor. Moralisch mag ich das nicht zu verurteilen. Emotional sehe ich tiefe Zuneigung auf Beiden Seiten und denke, würde sie ein wenig mehr Verbindlichkeit wollen/einfordern, dann wäre Logan sofort an ihrer Seite. Wahrscheinlich soll dieses sich nicht Einlassen wollen auf etwas Verbindliches eine Parallele zu Ihrer Mutter darstellen. Gibt dem Ganzen halt die Tragik, die der Person Rory das ganze Revival anlastet. Mich trifft besonders, dass sie trotz aller Ausbildung und Möglichkeiten nicht den Job findet/gefunden hat, der zu ihr passt. Und dass sie nicht in der Lage ist sich dem anzupassen und ihre Erwartungen runter zu schrauben. Ich finde es super wenn man einen Traum hat und wenn man gewissen Ansprüche an eine Arbeit hat. Ich finde es auch nachvollziehbar, dass man um seinen Traum kämpft. Aber die Rory in den neuen Folgen kämpft nicht für ihren Traum, sie geht schlecht vorbereitet in Gespräche und sie geht nicht den Weg ihr Ziel zunächst auf einer unteren Ebene zu verfolgen um dann aufzusteigen. Ich finde das paßt nicht zu dem Charakter der uns 7 Staffeln präsentiert wurde und zerstört ein weiteres mal die „kleine Heile“ Welt die ich so lieben gelernt habe.

Unter dem Strich werden die drei Hauptpersonen für mich angeschlagen/kaputt skizziert ohne den für eine „Schneekugelwelt“ relativ einfachen easy way out. Ich finde Realismus in Serien durchaus gut, aber in dieser Serie wurde er für mein Gefühl falsch umgesetzt.

Apropos Umsetzung, maßlos geärgert hat mich, dass geliebte und vermisste Nebendarsteller zu einem großen Teil nur beliebig und sehr kurz in die Szene geworfen wurden, ohne Story ohne Hintergrund, ohne Sinn und Verstand. Was soll das? Die Story dreht sich zwar um die Gilmore Girls, aber Stars Hollow und seine Bewohner sind so etwas wie ein inoffizielles Gilmore Girl und somit nicht unwichtig. Gerade Laine, Miss Patty, Liz etc. hätten ein wenig mehr Liebe zum Detail verdient gehabt. Diese völlig bekloppte Szene mit April wirkte total überzeichnet und unstimmig. Genau so wie die Szene mit Lorelei und Rory am Pool oder Erklärung einfach nur albern und überflüssig war. Das Musical fand ich so schwachsinnig, das erwähne ich nicht weiter. Und der kurze Auftritt von Sookie? Der hat mich nicht überzeugt, er hatte etwas von den albernen Charakteren, die Melissa McCarthy nach Ende der GG in Serie in diversen Filmen zu spielen scheint. Die herzenswarme, tolpatschige und so liebenswerte Sookie war es für mich nicht.

In diversen Kommentaren wird kritisiert, dass der Auftritt der LADB überflüssig und zu lang war. Ich fand in großartig und stimmig. Freunde kümmern sich um eine Freundin der es mental nicht gut geht, ziehen sie einen Abend aus allem raus, zurück in die Leichtigkeit der Collegejahre und geben ihr ein Stück „Wir-Gefühl“ zurück. Weiterhin wird kritisiert, dass man mit Anfang Dreißig nicht mit Geld um sich wirft und solche Abende zelebriert, Bullshit. Wer in der heutigen Generation der Dreißiger ist denn wirklich niedergelassen und „erwachsen“. Außerdem war es ein Abend nicht ein ganzer Lifestyle.

Ich mag die vier Folgen jetzt nicht komplett verdammen, es gab gute, es gab sehr gute, es gab witzige und rührende Szenen. Aber das was man erwartet hat, was einem emotional geliefert werden sollte das kam für mich nicht an. Es war eher wie das Schwingen eines Hackebeilchens über der geliebten Schneekugel, auf Teufel komm raus etwas negatives hier und da einstreuen ohne es zu Lösen. Es wurden viele Storylines angerissen ohne sie zu Ende zu erzählen und die letzten vier Worte, nunja, irgendwie erwartet aber für mich nicht wirklich stimmig.

Also bei uns hätte es das damals nicht gegeben …

Das häufigste Wort welches ich zur Zeit von meinen großen Kindern höre ist „NEIN“. Deck mal bitte den Tisch auf, räum mal bitte die Spülmaschine aus, pack Dein Zeug da weg, mach bitte Hausaufgaben, egal welches Ansinnen man äußert, es kommt ein „Nein“ oder bestenfalls „gleich“. Auch die kleinere Tochter mit ihren vier Jahren hält es nicht unbedingt notwendig elterliche Aufforderungen ernst zu nehmen, noch nicht so schlimm wie die Großen, aber ein Trend zeichnet sich ab.

Dass ich mit dieser Problematik nicht alleine dar stehe ist mir bekannt. Neulich beim Abholen in der KiTa tauschten die andere Mehrfachmutti und ich uns darüber aus, dass es das bei uns damals nicht gegeben hätte. Haben die Eltern Ansagen gemacht haben wir überwiegendst gehört und das Angeforderte ausgeführt. Murrend, motzend, mal laut mal leise. Mit fortschreitendem Alter auch mal diskutiert, aber im Großen und Ganzen haben wir gehört.

Während wir darüber sprachen fragten wir uns kurz, wieso das damals funktionierte und wieso wir bei unseren eigenen Kindern so oft kläglich scheitern. der Begriff des autoritäten Auftritts seitens unserer Eltern fiel und wir waren uns sofort einig, dass auch wir sehr bestimmt und Autoritär auftreten (können). Was unterscheidet uns also?

Wir sind bestimmt keine Eltern die alles erlauben, auch wir werden sauer, zeigen das unseren Kindern, haben bestimmte Regeln aufgestellt und halten diese meist ein. Es gibt Konsequenzen für bestimmtes Verhalten, es gibt Routinen im Tagesablauf. Es ist nicht so, dass wir komplett gegensätzlich zu der Verhalten unserer Eltern erziehen.

Was ist also anders? Heutige Eltern, ja auch ich machen den Fehler, Kinder sehr früh in Entscheidungen mit einzubeziehen. Oder zumindest Aufforderungen als Frage zu formulieren und so suggerieren, dass eine Wahlmöglichkeit besteht. Möchtest Du jetzt Essen, wollen wir jetzt ins Bett gehen, welche Schuhe magst Du heute Anziehen. Nur so Beispiele. Ich habe mir das beim ersten Kind recht schnell wieder abgewöhnt, nachdem mich die Trotzphase sehr geschafft und verunsichert hat. Ein schlaues Buch gab mir damals an die Hand, dass Kinder feste Grenzen brauchen, die ihnen Sicherheit geben und viele der von Eltern gut gemeinten Mitentscheidungsmöglichkeiten sie überfordern. Also gewöhnte ich mir und uns an, unumstößliche Tatsachen im Tagesablauf nicht mehr als Frage zu formulieren. Es gibt Dinge die entscheiden einfach wir und es gibt Dinge da haben die Kurzen im Rahmen ihres Horizontes und der Gegebenheiten Mitspracherecht. Auch wenn unsere Eltern in einigen Dingen strikter waren, kann es nicht (nur) daran liegen, dass wir die Kinder vieles selbst entscheiden lassen und somit den Spielraum geben, dass sie davon ausgehen können bei allem ein volles Mitsprache- und somit Verweigerungsrecht zu haben.

Ich glaube ein Teil des Problems ist, dass wir im Gegensatz zu unseren Eltern immer mehr versuchen mit den Kindern auf Augenhöhe zu kommunizieren. Wir sind stets bemüht das Kind immer Ernst zu nehmen, seine Perspektive einzunehmen und aus dieser die Auseinandersetzung zu führen und zu Erziehen. Wir, die wir aus relativ strengen Elternhäusern kommen in denen die Eltern das sagen hatten und die Kinder zu folgen hatten, in der klare Hirarchien herrschten die uns wenig Raum liessen, wollen es besser machen. Moderne Erziehungsratgeber bestärken verunsicherte Eltern, Eltern die in streng geführten Elternhäusern weniger Luft zur Entfaltung hatten, Eltern die durch die eigene Erziehung erfahrene Verletzungen oder Limitierungen bei ihrem Nachwuchs vermeiden wollen. Wir sind die Generation die selbstbewußte, selbständige, selbst denkende Kinder am besten im hausgemachten Bullerbü groß ziehen wollen. Wir neigen dazu ein eher freundschaftliches Verhältnis mit dem Kind einzugehen. Aber wenn die Grenzen (weil Augenhöhe) verschwimmen, Hirarchien aufgelöst werden, ist es für die Kinder schwer eben diese Grenzen oder Regeln anzunehmen.

Ein anderer Punkt der mir zu dem Thema durch den Kopf geht ist der, dass ich denke wir sind die Eltern die geliebt werden wollen. Unsere Eltern wollten Respekt und Gehorsam. (Natürlich denke ich auch, dass sie geliebt werden wollten, aber geprägt durch ihr Elternhaus standen wohl doch eher Respekt und Gehorsam im Fokus.) Wenn wir als Kinder ungehorsam waren, rebellierten gab es „Liebesentzug“. Auch wenn ich nicht glaube, dass wir weniger geliebt wurden als die Kinder heute. So wurde es doch weniger gezeigt, die Zeit war eine andere. Wir heute zeigen und sagen unseren Kindern anders oder mehr wie sehr wie sie lieben. Genau so wie wir diese Liebe zeigen, wollen wir sie auch erwidert bekommen. Gehen wir einen Konflikt (durch notwendige Erziehung) mit dem Nachwuchs ein, riskieren wir Liebesentzug, wenn wir das Gewünschte mit aller Konsequenz und Autorität durchsetzen wollen.

Das sind jetzt nur so einige Gedanken die mir dazu durch den Kopf gehen und vielleicht liege ich ganz oder teilweise daneben. Vielleicht versage ich bei meinen Kindern auf der autoritären Ebene und es ist alles hausgemacht. Andererseits stehe ich mit dem Problem nicht alleine und darum stelle ich meine Ansätze mal zur Diskussion.

Serienliebe und Fernsehkonsum

Meine Name ist S. und ich bin ein Serienjunkie.

Wie konnte es nur soweit kommen? Eigentlich begann meine Laufbahn als Seriensüchtling schon in früher Jugend. Wie damals en vogue befand meine Mutter, dass Fernsehen ungesund und daher nur in sehr kontrolliertem Maß für Kinder zu erlauben sei. Also durfte ich, wenn überhaupt nur ausgewähltes Programm schauen. Das waren erstmal nur die Sendung mit der Maus und die Sesamstraße, später Unsere kleine Farm, Timm Thaler, mit Papa zusammen Väter der Klamotte, Western von gestern oder Dick und Doof. Mit der Freundin, deren Eltern etwas mehr Fernsehkonsum gestatteten, schaute quasi heimlich ich in deren Omas Wohnzimmer. Perlen wie Das Haus der Krokodile, Die Vorstadtkrokodile, Das Geheimnis des Siebten Weges oder auch Komm Zurück Lucy. Nicht zu vergessen sind auch Die Märchenbraut und Luzie der Schrecken der Straße.

Zeitgleich habe ich immer viel gelesen, Unmengen, immer und immer wieder. Sich Geschichten erzählen lassen, das war immer meins. Mit zunehmendem Lebensalter kam das Kino dazu. Welch eine Offenbarung, diese riesige Leinwand, die Dunkelheit, der Sound der einen umhüllte, wie man in die Geschichte eingesogen wird, und am Ende des Films erst wieder ausgespuckt wird. Völlig absorbiert vom hier und jetzt. (Ich werde nie so ganz verstehen, wie man das Kino zum Knutschen und mehr nutzen kann :)) So ging ich anfänglich mit den Eltern, später mit Freunden oder auch alleine ins Kino und liebte es so sehr. Nicht nur großes Popcornkino, auch die kleinen feinen Filme, die wo man sich später, nach angemessenem Schweigen durch den Abspann hindurch, im Cafe über alle Feinheiten der Geschichte, der Bilder und der Inszenierung auslassen konnte. Natürlich las ich immer noch, immer noch viel, genauso durchwachsen wie das Kinoprogramm von Schmonzette und Krimi über Sachbuch bis hin zur anspruchsvolleren Literatur, Hauptsache Buchstaben, Hauptsache es interessierte mich auf der einen oder anderen Ebene. Und dann natürlich die Serien, meistens die am Vorabend, ich erinnere mich an Die glückliche Familie, Die Wiecherts, Gegen den Wind, 90210 und Dutzende andere. Immer wieder gerne, irgendwas mit fortlaufender Handlung. Jeder kennt bestimmt diese Frustration wenn eine Folge besonders spannend war und das Fernsehen einen auf die Folge nächste Woche vertröstete. Wie man dem neuen Sendetermin entgegenfieberte und einem nichts und niemand abhalten durfte das dann auch zu schauen. Da waren die ZDF Weihnachtsserien eine erfreuliche Ausnahme, da man dort meist sechs Tage am Stück täglich eine neue Folge bekam.

Fast Forward, inzwischen Studentin, immer noch lesend, immer noch Serien schauend, immer noch gerne ins Kino gehend versuchte mich der Mann (damals noch Freund) von seiner Lieblingsserie Friends, die er in den USA geschaut hatte, zu überzeugen. Im deutschen Fernsehen. Ich setze mich also dazu und versuchte, den Humor zu verstehen. Ich verstand nicht was daran nu so toll sein sollte, es wirkte alles flach und doof. Zufall wollte, dass ein anderer Freund diese Serie auf Video im Original besaß. Da ich eine gute Freundin war, lieh ich mir die Staffel aus, überraschte damit den Mann. Ihm zuliebe schaute ich sie mit. Eine Folge, ständiges Stoppen, Nachfragen, dann mit englischen Untertiteln, weniger Stoppen und dann angefixt. Die Serie war toll, er hatte recht und so hing ich das Wochende bei ihm auf dem Bett und schaute Folge um Folge. Die echte Geburt des Serienfans.
Dabei die Erkenntnis, dass die Inhalte im Original wesentlich besser transportiert werden, deutsche Synchronisation ist immer noch oft furchtbar. Was aber noch besser war/ist, ich konnte gucken und gucken und gucken und war auf keinen Ausstrahlungstermin angewiesen. Nur darauf, dass der Freund die nächste Staffel rechtzeitig wieder auf Video hatte und bereit war sie zu verleihen. (Momentan kreist für dieses Endlosschauen einer Serie der Begriff Binge Watching durchs Netz, aber so neumodische Begriffe waren uns damals nicht bekannt).

Noch weiter vorwärts wurden der Freund, nun Mann und ich Eltern. Das bedeutete, dass Kinobesuche quasi nicht mehr existent waren. Wir wurden zu regelmäßigen Kunden der Videothek und schauten was das Zeug hielt alle Filme mit leichter Verzögerung im heimischen Pantoffelkino mit Baby im Arm oder daneben oder nebenan. Zeitgleich setze sich in der Filmindustrie ein Trend fort, der mir persönlich ziemlich auf die Nüsse geht. Es wurden weniger Filme mit Inhalt, schönen Geschichten, guter Umsetzung gedreht, sondern der Fokus ging in Richtung aufwändige Technik, Superspezialeffekte und lauter, höher, schneller, weiter. Wenig befriedigend sich das anzuschauen, wenig entspannend.

Aufgrund von Schlafmangel und Erschöpfung kam ich kaum noch zum Lesen, die abendliche Konzentration reichte kaum noch, sich auf ein Buch einzulassen, der Wille unterhalten zu werden, war aber immer noch da. Ich kam zurück auf die Serien. Da traf es sich gut, dass mir der Mann, eben diese Serie (Friends), die meine erste im Original war, als DVD Box zu Weihnachten schenkte. Wochenlanges abendliches Unterhaltungsprogramm, unabhängig, selbstbestimmt. Diesen Faktor darf man als Eltern nicht vernachlässigen. Fernsehen, wenn der Sender meint es sei jetzt Sendezeit kann man getrost vergessen. Die wenigsten Kinder schlafen brav und zuverlässig wenn man sich unterhaltungswillig auf die Couch fallen läßt.

Irgendwann ist aber auch so eine DVD Box mit zehn Staffeln zu Ende und es bleibt die Frage was jetzt? Zurück zum Film? Das reicht ja auch nicht, so viele Filme die mich noch interessieren gibt es gar nicht, siehe oben. Zunächst besorgte ich damals eine Serie auf DVD die ich erstmal im TV angefangen hatte und um sie dem Mann nahe zu bringen schaute ich sie mit ihm ebenfalls im Original. (Gilmore Girls). Aber auch die Box war irgendwann zu Ende und wir überlegten wie die abendliche, mediale Unterhaltung zu retten sei. Zu der Zeit begann grad die Möglichkeit sich US-Serien legal/halblegal aus dem Netz zu besorgen und so fingen wir an aktuelle oder fast aktuelle Serien zu schauen.

Ein Grund, warum ich inzwischen Serien den Filmen vorziehe ist, dass die Handlung nicht auf ca.90 min limitiert ist. Bei Serien die ich liebe werden Charaktere, Handlungsstränge entwickelt, es gibt Zeit für unerwartete Wendungen, man kann sich sehr lange auf die Geschichte einlassen. Taucht abends in seine vertraute Geschichtenwelt. So wie in ein gutes Buch. Leider bin ich wenn hier endlich Ruhe ist, mit inzwischen drei Kindern, oft zu müde um mich in ein Buch zu versenken, die Konzentration auf die Buchstaben, mag die Geschichte noch so toll sein, klappt nicht. So ziehe ich mich in mein Bett zurück und schaffe mir im Dunkeln mit Kopfhörern und Bildschirm vor den Augen mein eigenes kleines Kino, versinke in der Geschichtenwelt und blende den Alltag aus. Entspannt mich ungemein.

Dank verschiedener Dienste bin ich fast nicht mehr auf DVDs, Sendetermine, Veröffentlichungsdaten angewiesen. Wenn ich eine Serie entdeckt habe, die nicht brandaktuell ist, kann ich ein, zwei, drei Staffeln weg gucken und wenn ich Glück habe, sind an deren Ende schon neue Folgen verfügbar. Da ich inzwischen so viele Serien schaue kann, ich damit leben nicht mehr von jeder Serie mindestens drei Folgen im Vorrat zu haben. Wenn nicht grad Saisonpause ist, gibt es fast täglich ein bis zwei Folgen für mich zu schauen und spätestens dann schlaf ich beim Schauen ein. (Kann ich auch erst seit ich Kinder habe, konnte früher nie beim Glotzen schlafen, oder es ist das Alter) Auch ein Vorteil des Schauens nach Bedarf, ich kann ja später weiterschauen, bzw. zurück spulen.

Das Thema Serien nach Bedarf zu schauen, entweder via Streamingdienst oder über iTunes wird grad an einigen Orten (sogar in der Tageszeitung) diskutiert (heute grad hierbei Gutjahr) und dabei als Aufhänger genommen sich zu fragen, ob das konventionelle Fernsehen damit dem Tod geweiht ist. Das sehe ich nicht so. Ja das deutsche Fernsehen nervt oft, das Programm ist nicht unbedingt auf mich als Zielgruppe ausgelegt. Gute Sachen kommen selten oder zu unmöglichen Sendezeiten. Meine Ungeduld (und damit bin ich nicht alleine) und die Möglichkeit es anders haben zu können, lassen mich Serien lieber wie genannt als nach Ausstrahlungsplan konsumieren. Trotzdem läuft hier der Fernseher noch oft. Als Begleitmusik, als Programm nebenbei, bei Sendungen die nicht meine volle Aufmerksamkeit brauchen. Serien im Original verstehe ich inzwischen fast fließend, aber ich kann und will wenig nebenbei machen. Zum einen wegen des Kinogefühls, zum anderen weil ich komplett alles andere abschalten will. Zum anderen möchte ich gar nicht immer durch einen fortlaufenden Strang unterhalten werden. Beim Stricken, beim Wäsche falten, beim irgendwas anderes machen, reicht mir ein bischen Infotainment aus dem regulären Programm, Nachrichten, Dokumentationen, all sowas. Ich schaue das gerne, ich mag das. Fernsehen und auch Radio sind für mich immer noch wie Wundertüten. Beim Radio, die Musik, die ich eben nicht bewußt gewählt habe, vielleicht ein Beitrag der meine Aufmerksamkeit fesselt. Beim Fernsehen, das Programm, das zappen, na was bietet ihr mir? Leider im letzteren Fall oft nicht genug, aber doch soviel, daß ich nicht darauf verzichten mag.

Eins darf man, glaube ich, in der ganzen Diskussion nicht vergessen. Das Internet ist kein Neuland, für viele alltäglich. Aber es gibt auch genug Menschen für die es eher noch exotisch ist, für die es nicht normal ist, sich Inhalte zur Unterhaltung aus dem Netz zu ziehen, sei es aus Desinteresse, aus mangelndem Wissen oder fehlenden technischen Möglichkeiten. Ich bezweifele, dass die Generation 60+ sich heute schon ihren Medienkonsum online besorgt. Diese Menschen schalten abends den Fernseher an um sich zu informieren oder unterhalten. Schade ist nur, das es oft scheint, das die Fernsehanstalten meine und jüngere Generationen bei der Gestaltung ihres Programmes vernachlässigt und somit quasi forciert, das wir zur Unterhaltung nach Wunsch abwandern.

Eine Frage des Kompromisses

Als Kind will man immer alles und das sofort. Man lernt im Laufe des älter werdens (schmerzlich), daß das nunmal nicht so läuft. Man lernt, daß es sinnvoller ist und auch zielführend sein kann, wenn man abwägt, aufschiebt, Kompromisse schließt und manchmal auch einfach aufgibt. So wurschtelt man sich durch das eigene Leben und versucht die für sich gangbaren Möglichkeiten zu finden.

Interessant wird es, wenn man das Alter erreicht in dem man einen Partner hat. Nicht, daß die eigenen Entscheidungen zuvor nicht auch andere Menschen betrafen oder Kompromisse denen zuliebe erforderten. Aber die Situation mit einem Menschen mit dem man länger wenn nicht sogar für immer zusammen bleiben möchte ist eine andere. Es geht dann nicht mehr nur um momentane Entscheidungen über das Abendessen oder welchen Kinofilm man gemeinsam sieht. Je mehr die Beziehung wächst und gedeiht und je ernster man diese nimmt, desto lebensentscheidender werden die einzeln oder gemeinsam getroffenen Entscheidungen. In einer idealen Welt wäre es natürlich so, daß immer beide Partner gut mit der Entscheidung leben können, daß niemand zurück stecken muß und die Entscheidungen nicht das ein oder andere Ziel beeinträchtigen.

So nehmen die echten Kompromisse in das Beziehungsgeflecht Einzug. Man entscheidet sich für den Wohnort, eine Wohnung, die Möbel, die Wandfarbe, wo das Schlafzimmer sein wird, ein Auto. Man bespricht welches Arbeitsangebot für beide tragbar ist, sollte sich dieses im Laufe der Beziehung entscheiden. Wieviel Abwesenheit ist machbar, geht eine Wochenendbeziehung oder verzichtet man dem Partner zuliebe auf das Jobangebot. Können beide damit leben, daß der ein oder andere einen Job hat der weit über die üblichen vierzig Stunden hinausgeht. Urlaube werden beschlossen, Meer oder Berge, Süden oder doch lieber nördlich. Gibt dabei einer nach, da kein Konsenz gefunden werden kann, so kann dies im nächsten Urlaub ausgebügelt werden.

Noch interessanter wird es wenn ein weitere Mensch, sprich ein Kind die Beziehung ergänzt. Wer steckt zurück, wer macht Karriere, wer kümmert sich um das Kind, wer verdient das Geld. Wieder ein Kompromiß der gefunden werden muß. Welche Tragweite haben diese Entscheidungen, kann man das auch ausbügeln. Kann das Zurückstecken des einen später wieder aufgefangen werden. Sind Verdiensteinbußen tragbar.  Solange man gewillt ist eine gemeinsame Lösung zu finden, wird es auch eine geben. Für den Moment, die Situation oder auch für immer.

Was ist aber wenn eine Entscheidung die das Leben beider betrifft von einer Person alleine getroffen wird. Was passiert wenn die andere Person diese Entscheidung nicht mittragen will oder kann. Wenn sich nunmal kein Konsens finden läßt. Wenn einer von beiden so dermaßen gegen seine Überzeugen handeln soll oder muß. Wenn man diese Entscheidung nicht mehr reversibel ist, wenn es keinen Kompromiß gibt, kein später?

Wie geht man mit so etwas um, was bleibt da als Lösung. Trennung kann da nur bedingt die Lösung sein, denn man hat ein gemeinsames Leben das auf anderen Ebenen funktioniert, hat Aufgaben zusammen. Erwachsen sein bedeutet auch nicht im Angesicht des Sturms sofort alles hinzuwerfen, sondern weiter zu machen, so lange niemand physisch oder psychisch in Gefahr ist. Also, bedeutet dann erwachsen sein, eine erwachsene Beziehung haben, daß man auf das was einem wichtig ist komplett zu verzichten, weil der andere Teil es nicht mittragen kann und will und ein Kompromiß nicht möglich ist?

Eine Frage auf die ich im Moment keine Antwort finde.

Die Mutti-sierung

Es liegt in der Natur der Dinge, daß man mit dem ersten Kind einen Kulturschock erlebt, der das bisherige Leben komplett auf den Kopf stellt. Alles ist neu, alles ist anders. Man ist so überwältigt, daß man komplett aufgeht in der Rolle des absoluten Versorgens. Die eigenen Bedürfnisse, die eigene Persönlichkeit stehen hinten an. Körperpflege, Schlaf, Nahrung nur in kleinen Stücken wenn es denn grad paßt. Im Rahmen der allgemeinen Verunsicherung und der alles bestimmenden Babybedürfnisse sucht man sich gleichgesinnte, mitleidende, sprich andere Mütter. Man geht in Babykurse, tauscht sich aus, nimmt Erfahrungen mit und wieder zu Hause sucht man sich „Begleitung“ in Foren (so bei K1) und neuerdings in Blogs und Twitter. Das ist toll, wenn man die Informationen gefiltert und reflektiert liest. Das ist ein unglaublicher Pool an gesammeltem Wissen und Empathie, die einem ansonsten fehlen, da wir nunmal nicht mehr im Dorf in der Großfamilie leben.

Mit der Zeit wird man gelassener. Das Kind wächst, gedeiht, entwickelt sich. Man findet sich in der neuen Rolle zurecht, ist sicherer, routinierter und bekommt seinen Alltag besser bis normal wieder hin.  Was bleibt ist der Aufenthalt in den Muttikreisen online, dem Mutti-versum wie man so schön sagt. Man hat den Fokus weniger auf die Unsicherheiten in der Brutpflege sondern tauscht sich aus. Auch das ist toll, denn nach der Babyphase kommt die Krabblerphase, die Trotzphase, die was weiß ich Phase, irgendeine Phase ist ja immer. Unterstützung und Austausch ist dabei immer gut. Die Themen werden breiter, nach Stillproblemen, wunden Hintern, Reflux, dem angemessenen Schlafplatz, Koliken und der richtigen Tragehilfe kommt das pädagogisch richtige Spielzeug, die angemessene Beschäftigung des wachsenden Nachwuchses, die Eingewöhnung in die Betreuung, die schönsten Brotdosen. Irgendwer hat immer eine Meinung, meistens haben die meisten anderen die dann auch und man ist sich irgendwie einig. Sind die Kinder dann mal etwas selbständiger werden die meisten Mütter kreativ (ja ich auch, aber das war ich schon vor den Kindern), es wird genäht, gebastelt, dekoriert was das Zeug hält. Gekocht, gebacken, gestrickt, alles für das Heim, das Kind, die Familie. Prinzipiell alles super, ehrlich, aber ist das alles?

Wo ist denn die Frau geblieben, die existierte bevor das oder die Kinder kamen? Was ist mit dem Menschen der Interessen hatte? Ja Kinder sind konsumierende kleine Blutsauger die die letzte Energie aus einem lutschen. Trotzdem.

Hallo, Sex, Drugs Rock’n Roll. Was ist damit?

Sex ist nur Thema, wenn es um den passenden Zeitpunkt zur Fortpflanzung geht oder angedeutet, natürlich nur mit dem Einen, dem Besten, dem eigenen Mann. Äh, ist mit der Partnerschaft und der Geburt eine Scheuklappe verteilt wurden, die man bei mir vergessen hat. Hell yeah, ich finde auch immer noch andere Männer attraktiv und kann das aussprechen ohne in den Boden zu versinken. Gewisse Konsensgründe belassen es dann dabei 🙂 Aber ja, ich bin neben der Mutti auch noch die Frau, der Mensch der mehr empfindet als Mutterliebe.

Drogen sind dann zwar auch nicht so meins, den Sekt oder anderes Prickelwasser finde ich widerlich und auch ansonsten habe ich  den Alkohol aus meinem Leben gestrichen, sitze also abends nicht mit dem Einen, dem Besten am Küchentisch und sinniere bei einem Glas Wein über den Tag mit den Kindern. Aber im Grunde meint Drogen ja auch nur das mal enthemmte loslassen und sich dem Rausch des Moments hingeben.

Musik, ja Musik. Es gibt mehr als Schlaf- und angemessene Kinderlieder über die man sich austauschen kann. Musik die berührt, die einen ausflippen läßt, die einen an wilde Partys erinnert, an große Lieben, an den Vollrausch oder Phasen die hinter einem liegen, aber nicht vergessen sind. Die man auch ohne die Kinder hört, laut, so wie früher, oder auf Kopfhörern, damit keiner dazwischen quakt. Ja genau ich ziehe mich zurück, lasse meine Kinder sich selber (und dem Vater natürlich)  und mache mein Ding dann. Sinniere über das was war, was ist, wovon ich träume was ich außer den Kindern noch machen will, mein Leben und verfasse Blogartikel.

Ja auch ich bin ein Mutti-ich, ich hab oft kein Bock oder keine Zeit mich zurecht zu machen (auch wenn ich leidenschaftlich gerne neue Nagellacke kaufe), sehe zu, daß die Klamotten sauber sind und die Hose nicht vom Arsch rutscht. Die Haare praktisch zusammengetüddelt, den Spiegel im vorbeigehen ignorierend.

Aber, ich bin nicht nur das, ich bin ein Mensch, ein Mensch mit Geschichte, ein weiblicher Mensch, der das gerne auch mal auslebt neben der Mutti, der Sehnsüchte hat jenseits von praktischen Haushaltsgegenständen, der Musik, das Leben, Tanzen liebt, der theoretisch Bücher liest, Fernsehserien inhaliert, manchmal vor Lebensfreude vibriert, die Schminkschublade nutzt, vorm Kleiderschrank grübelt, anderen Männern hinterherschaut, in sich rein grinst und so gar nicht mütterlich denkt. Ich vermisse manchmal das Leben vor diesem, wohlwissend, daß es kein zurück gibt, daß ich keine 25 mehr bin und vieles aus dem damaligen Leben nicht mehr erleben möchte. Aber das Leben vor diesem hat mich zu dem gemacht, der ich jetzt bin und das ist viel mehr als treue Ehefrau und Mutter. Ich habe nicht immer Luft diese Seite auszuleben, aber sie ist da und sucht sich hier und da ihren Raum. Das vermisse ich in meinem Mutti-versum und frage mich wo sind die anderen? Wo sind die Frauen hinter der Mutterrolle?

Vielleicht bin ich aber auch nur ein rosa Kaninchen, daß sich nicht in die ihr gegebene Rolle angemessen einfügen kann.

 

 

Auf den Hund gekommen?!

In der Nacht zum Samstag vor einer Woche verstarb unsere letzte Katze. Unerwartet, schnell und hoffentlich ohne zu leiden.

Dreizehn Jahre lebte sie mit uns, davon 10 mit ihrer Schwester, die schon vor drei Jahren gegangen ist. Zu uns gekommen sind sie als Ersatz für unsere erste gemeinsame Katze, die mit nur sechs Monaten vor unserer Wohnung überfahren wurde. Sie machten viel mit, einen Umzug nach HH, einen nach BN, einen zurück nach HH. Zwei bzw. drei Kinder. Anfänglich noch voll im Mittelpunkt, quasi als Übung für spätere Kinder, rückten sie später in den Hintergrund.  Nichtsdestotrotz waren sie ein Teil der Familie.

Mit dem Tod des Katzentiers in der Nacht war einer der ersten Gedanken nun kein neues Haustier anzuschaffen, drei Kinder und ein Ehemann bringen schließlich genug Beschäftigung mit sich. Nach gefühlt zehn Minuten surfte ich trotzdem diverse Tierheimseiten, etc. ab. Am nächsten Morgen proklamierten die zwei großen Kinder, daß wir nun zwei neue Katzen anschaffen müssen, wahlweise einen Hund. Die Idee eines Hundes fand ich nur so mittelprächtig, denn egal welches Haustier angeschafft wird, ist klar, daß die meiste Arbeit immer an mir hängen bleibt. Der Mann, der erst kein Tier, dann jedenfalls keine Katze mehr wollte, erwärmte sich zusehends für die Anschaffung eines Hundes, die Kinder nutzten das gekonnt aus. Dazu muß man wissen, daß sowohl er als auch ich mit Hunden groß geworden sind. Unsere Mütter waren überzeugte Hundebesitzer. Nach dem Tod seiner Mutter kümmerte er sich teilweise um ihren Aussie und hatte ihn immer wieder wochenlang am Studienort. Sorgte für sein Wohlergehen, machte stundenlange Spaziergänge und nutzte eben diesen Hund um sich an mich ranzuwanzen. Wir haben immer halbernst gesagt, wenn einen Hund, dann so einen, aber nur wenn keine Katze mehr hier lebt.

Es stand für mich von vornherein fest, daß trotz aller Begeisterung ein Aussie nicht der geeignete Hund für diese Familie ist. Aber da vor einiger Zeit Wolfgang von der Anschaffung eines Miniatur-Aussies erzählte, überlegte ich ob das etwas für uns wäre. Diese sind etwas weniger groß und abhängig von der Zuchtlinie ist der Hütetrieb weniger bis kaum ausgeprägt, passen eher in eine Stadtwohnung und eine Familie. Ich erinnerte mich nur dunkel an die Seite der Züchterin von der sein Hund stammt, darum suchte ich erstmal etwas ziellos nach Züchtern die von uns aus zu erreichen sind. Las einiges über die Rasse und kam dann doch auf die Seite eben der Züchterin, die auch noch gerade Welpen hat. Zeigte dem Mann die Bilder und dieser stellte als erstes fest, daß die Hündin, die in Frage käme fast den Namen unserer ersten Katze hat. Also rief ich an, besprach das Band, schickte eine Email, nachdem 45 min später noch keine Rreaktion gekommen war, schrieb noch zwei Züchter an und ging ins Bett.

Am nächsten Morgen beschwerte ich mich über mangelnde Rückmeldung bei der Tochter, die darauf nur entrüstet auf die Uhrzeit hinwies. Kurze Zeit später kam dann ein Rückruf und die Frage ob wir so spontan seien uns noch am gleichen Tag den Wurf anzusehen. Waren wir, fuhren hin, schauten an, waren hingerissen und fuhren heimwärts.

Es folgten 24 Stunden in denen wir hin und her überlegten. Eigentlich eher ich, denn die Kinder wollten den Hund unbedingt. Na gut, der Sohn wollte nicht den gleichen wie wir aus dem Wurf, aber darauf konnten wir keine Rücksicht nehmen, denn es kam nur eine Hündin und nur ein eher ruhiger Welpe in Frage. Da gab es nur eine Wahl. Im Grunde war der Sohn aber dann doch dafür und der Mann hatte sich auch schon mit der Idee abgefunden. Bei mir blieb die Unsicherheit, ob ich (denn darauf würde es hinauslaufen) mich dem gewachsen fühle, ob ich mich so schnell wieder so fest (an ein Tier) binden wollte. Außerdem fehlte mir eine eindeutige Zusage des Mannes zur Übernahme von mindestens der Hälfte der Belastung. Meiner Meinung nach muß derjenige, der die Tierart bestimmt, auch einen nicht unerheblichen Teil der Verantwortung übernehmen. Irgendwie konnten wir eine Übereinkunft finden, ich telefonierte noch lange mit einer Hundetrainerin, die mir einige Sorgen nehmen konnte und am Anfang zur Seite stehen wird und damit war nach einem abschließender innerfamiliären Gesprächsrunde die Entscheidung gefallen. Wir riefen an und sagten zu, den Welpen zu nehmen.

Auch wenn ich immer noch etwas unsicher bin und manchmal Panik bekomme, ob wir das alles schaffen, dem Hund und uns gerecht zu werden, freue ich mich inzwischen. Da wir beschlossen haben ihm noch eine Woche länger bei der Mutter und dem Rudel zu gönnen, habe ich aus Ungeduld schonmal einige kleine Anschaffungen als Überbrückungshandlung getätigt, quasi als Bekräftigung unseres Beschlusses.

Jetzt könnte man meinen das ist das Ende der Geschichte. Ist es aber nicht. Der eigentliche Grund warum ich das verblogge, ist primär nicht die Tatsache, daß hier ein Hund einzieht, sondern die auch die Reaktionen unseres Umfeldes.

Ich kann mich nicht erinnern, daß irgendjemand uneingeschränkt sagte, wie toll das sei oder daß er sich für uns freue. Die meisten Reaktionen gingen in die Richtung ob wir denn bekloppt seien, nicht genug zu tun hätten, ob wir denn wüßten, was wir tun. Weitergehend dann, wenn nach der Rasse gefragt wurde, ein Zucken im Gesicht zumeist gepaart mit einem wissenden OhOH. Gefolgt von der wissenden Frage ob wir uns bewußt seien, was wir uns da aufhalsen, den Feststellungen, wieviel Stunden wir nun investieren müßten, welche Beschäftigung der Hund braucht und so weiter und so fort. Abschließend dann die Anmerkungen, daß wir ja nun kaum Schlaf bekommen würden, gebunden seien, daß es Geld kostet und was weiß ich.

Ja liebe Leute, was denkt ihr eigentlich? Daß wir agieren wie kleine Kinder, die aus einer Laune heraus und weil Welpen so niedlich gucken aus einem „Habenwollenreflex“ heraus leichtsinnig eine Entscheidung treffen? Daß wir nur weil die Katze gestorben ist, aus Frustbewältigung zur Ablenkung mal eben einen Ersatz anschaffen? Meint ihr wir sind uns nicht bewußt, wie lange ein solches Tier lebt, was es kostet, worauf wir wegen einer Bindung an ein Tier verzichten müssen? Glaubt ihr, wir haben uns nur aus Nostalgie und weil sie hübsch sind für eben diese Rasse entschieden? Glaubt ihr nicht, wir haben uns dazu nicht einiges angelesen, Informationen gesammelt, die Züchterin befragt, miteinander gesprochen was wir tragen können?

Himmel, wir sind sowas wie erwachsen, wir sind beide mit Tieren groß geworden, wir hatten bis vor kurzem ein Tier. Wir sind Eltern, wir können Verantwortung tragen, wir wissen wo unsere Grenzen sind, was wir uns zumuten können und wie wir Hilfe bekommen und nicht zuallerletzt sind wir durchaus rational denkende Menschen. Auch wenn, der Mann zur Kaufentscheidung sagte, vernünftig ist es nicht, aber man kann auch nicht immer vernünftig sein. Traut uns doch einfach zu, daß wir wissen was wir tun. Und selbst wenn wir scheitern, uns verschätzt haben ist es unser Scheitern, eines mit dem wir dann zurecht kommen müssen. Vorhersehen kann das niemand. Was mich daran auch so aufregt ist, daß diese ganzen so wohlmeinenden Ratschläge und Hinweise fast nur von Leuten kamen, die uns, unsere Situation nur oberflächlich bzw. partiell beurteilen können. Aber alles Experten *seufz*.

Ich komme in eine Lage, in der ich permanent unsere Entscheidung rechtfertigen muß und das mag ich nicht. Das nimmt mir die Freude auf den Hund und das will ich nicht. Ja es ist vielleicht nicht die vernünftigste Entscheidung, aber eine von Herzen und zu der stehen wir.

 

[Disclaimer] Nicht eingegangen bin ich hier auf die besorgten Nachfragen von Freunden und Menschen die mir nahe stehen, die sich Gedanken machen, wie es mir damit geht, die aus unserer persönlichen, familiären Situation heraus urteilen können, die wissen, daß die berufliche Situation des Mannes fordert, daß gewisse Sachen an mir hängenbleiben. Deren Gedanken und Nachfragen haben mir geholfen für mich die Entscheidung zu treffen.

 

 

Wenn ich einmal groß bin

Mit acht wollte ich wenn ich groß bin heiraten und dann Kinder bekommen. Später kam dazu, selber zu entscheiden was ich anziehe, wie und ob ich mich schminke, welche Farbe meine Haare haben, ob meine Hosen heile oder durchlöchert sind, wann ich ausgehe und wann ich wieder komme, wen ich liebe und wie, wohin ich ausgehe, mit wem, was ich trinke und wieviel.

Dann wollte ich wenn ich groß bin studieren, in meinem Beruf arbeiten, entscheiden mit wem ich meinen Körper teile, entscheiden ob das nur kurz oder länger dauert, wollte erfolgreich werden, wollte Vorsitzende des BVerfG werden, dann doch lieber nicht, Nächte durchmachen, immer noch gerne Kinder bekommen, heiraten nicht zwangsläufig und meine eigene Wohnung haben.

Wenn ich groß bin wollte ich meine eigene Kitchen Aid haben.

Jetzt habe ich Kinder, hab so einiges auf der Liste selbstbestimmt erlebt, manches nicht, manches mehrfach, bin verheiratet, habe studiert, habe nicht alleine in einer eigenen Wohnung gewohnt, teile diese inzwischen mit vier Menschen. Ich habe die Verantwortung nicht nur für mich, sondern auch für drei Kinder, aber eine Frage ist geblieben.

Wann kommt dieses Gefühl, daß ich jetzt groß bin. Wann fühlt es sich so an, wie sich immer die Erwachsenen in meiner Kindheit angefühlt haben. Souverän, zufrieden, fast immer eine Antwort auf die Situation habend, annehmen was da ist, nicht hadernd mit dem was nicht da ist und irgendwie fest im Sattel? Bin ich emotional irgendwo zwischen Mitte zwanzig und Mitte dreißig hängen geblieben oder waren die damals gar nicht so wie es aussah? Haben die das gut vor uns verborgen? Die alberne, die sehnsuchtsvolle, die unsicheren und die suchende Seite?